Wofür PoE steht
Power over Ethernet (PoE) ist ein Standard, der ein Ethernet Netzwerkkabel in die Lage versetzt, neben Daten gleichzeitig Strom zu Übertragen. Aktuelle PoE Technologie übermittelt Daten mit Gigabit Geschwindigkeit und liefert bis zu 90 W Ausgangsleistung unter Verwendung handelsüblicher Cat.5e, Cat.6, Cat.6A Cat.7 und Cat.8 Netzwerkkabel mit einer maximalen Distanz von 100 m.
Die PoE Technik basiert auf den Spezifikationen der IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers), einem weltweiten Berufsverband von Ingenieuren, Technikern und (Natur-)Wissenschaftlern, mit Sitz in New York City und mit besonders hoher, anerkannter, fachlicher Güte.
Die IEEE-Standards 802.3af, 802.3at, und 802.3bt regeln, wie kompatible Netzwerkgeräte betrieben werden und sich untereinander austauschen. PoE-fähige Geräte können unterteilt werden in Energieversorger (Power Sourcing Equipment, PSE) und Energieverbraucher (Powered Devices, PD). In den häufigsten Fällen werden Netzwerk-Switche als PSE eingesetzt. Alternativ kommen häufig auch PoE Injektoren als PSE zum Einsatz, in Kombination mit nicht PoE-fähigen Switchen.
Vorteile von PoE bei der Stromversorgung
- Kosteneffizienz – PoE reduziert die Kosten für zusätzliche, stromführende Verkabelung und professionelle Installateure
- Kurzfristig einsetzbar – PoE benötigt allein eine passende Netzwerkverkabelung zur vollen Funktionstüchtigkeit
- Flexibilität – Netzwerk-Administratoren können kompatible Geräte nahezu überall einsetzen
- Sicherheit – PoE arbeitet mit niedrigen Spannungswerten, die Gefahren durch elektrischen Strom sind so gering
- Verlässlichkeit – Die PoE Standards der IEEE sind sehr streng. Hinzu kommt, sind die PSEs gegen den Ausfall der Stromversorgung geschützt (durch eine USV, unterbrechungsfreie Stromversorgung) sind auch daran angeschlossene PDs geschützt
- Skalierbarkeit – PoE Geräte können ein Netzwerk schnell und einfach erweitern
- Nachhaltigkeit – PoE Geräte stellen nur so viel Strom bereit, wie benötigt wird
Ausblick
Seit 2018 steht mit IEEE 802.3bt ein neuer, internationaler Standard zur Verfügung, der mit höherer Leistung als jemals zuvor, angeschlossene Geräte gleichzeitig datentechnisch anbinden und mit Strom versorgen kann. Eine der wichtigsten Neuerungen ist die gleichzeitige Übertragung von elektrischer Spannung über alle vier Leitungspaare. Daher trägt der Standard auch die Bezeichnung „Four-Pair-Power-over-Ethernet“ was auch mit 4PPoE oder PoE++ abgekürzt wird.
Viele ältere Netzwerke sind auf die Anforderungen jedoch nicht optimal vorbereitet. Selbst wenn die feste Verkabelung den Anforderungen gerecht wird, können nach dem Prinzip des ‚schwächsten Glieds einer Kette‘ auch auf den letzten Metern Probleme auftauchen.
Wir weisen auf die häufigsten Stolperfallen hin und geben Lösungsansätze zur Vermeidung an die Hand.
Moderne Kommunikation mit nur einem Anschluss
4PPoE erschließt neue Grenzen
Mit IEEE 802.3bt können größere und leistungsfähigere Geräte betrieben werden als jemals zuvor. Das ist nur möglich, weil dieser Standard neben der bisherigen Nutzung von 2 Adernpaaren nun auch die Nutzung aller 4 Adernpaare eines Netzwerkkabels spezifiziert. Damit einher geht die Erweiterung auf die Anwendungen 2.5GBASE-T, 5GBASE-T und 10GBASE-T, damit sind Datenübertragungsraten von bis zu 10 Gbit/s möglich.
4PPoE führt somit 4 neue Leistungsklassen für Energieversorger (PSE) ein und kann nun auch Energieverbraucher der Typen 3 und 4 mit ausreichend Strom versorgen.
Die PSE-Klasse 5 nutzt 2 Adernpaare um 45 Watt Leistung am PSE bereitzustellen, wovon ein PD bis zu 40 Watt nutzen kann. Die PSE-Klassen 6 bis 8 stellen bereits eine Leistung von 60 bis zu 90 Watt bereit. Für diesen Leistungsumfang werden die Adernpaare der Netzwerkkabel vollständig ausgenutzt und ermöglichen so eine Nutzung am PD von bis zu 72 Watt.
Das reicht aus, um leistungsstarke WLAN-Antennen zu betreiben. Ganze LED-Panel können damit gesteuert und betrieben werden. Selbst ein PoE Smart TV kann über ein Kabel sämtliche Inhalte sowie die Versorgungsspannung beziehen.
Tatsächlich bedeutet das in der Praxis, ein einzelnes Netzwerkkabel kann einen ganzen Arbeitsplatz versorgen. Die bereitgestellte Leistung reicht aus um IP-Telefon, Monitor und Desktop-PC oder einen Laptop plus Beleuchtung des Arbeitsplatzes zu unterhalten.
Eine ähnliche Kombination von Datenübertragung und Energieversorgung führte zur erfolgreichen Verbreitung der USB-Schnittstelle. Ähnliche Erfolgsaussichten beschert der aktuelle Standard dem nun lang bekannten Netzwerkverbindungen mit RJ45-bzw. 8P8C-Verbinder (8 Positionen, 8 Kontakte).
PoE wird uns in die Zukunft begleiten
Die Entwicklung von Technologien einer globalen Infrastruktur für unsere Informationsgesellschaft benötigt solche intelligent kombinierten Lösungen. Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) mit seinen physischen und virtuellen Objekten wäre in seiner heutigen Form sonst nicht vorstellbar. Nicht nur nimmt die Anzahl netzwerkfähiger Geräte stetig zu. Auch die Fähigkeiten der Geräte nimmt rasant zu. Intelligente Steuerungen halten allerorts Einzug. Der Preis dafür ist allerdings ein wachsender Leistungshunger – je intelligenter die Geräte werden, desto leistungsfähigere Schaltkreise werden verbaut, die mehr Strom benötigen.
Dieser Entwicklung wurde bereits ab 2003 mit der Entwicklung des ersten PoE-Standards IEEE802.3af Rechnung getragen. Die 4 verdrillten Adernpaare (Twisted Pair, TP) eines Netzwerkkabels wurden zuvor lediglich zur Datenübertragung genutzt. Der Standard ermöglichte gut 15 W Ausgangsleistung und stellte knapp 13 W am Endgerät zur Verfügung. Damit konnten bereits IP-Telefone, Kameras und WLAN-Accesspoints betrieben werden.
Als 2009 IEEE802.3at eingeführt wurde, konnte die nun auch als PoE+ bekannte Technik auch für Gigabit-Ethernet mit 1 GBit/s eingesetzt werden. Gleichzeitig wurde die Leistungsfähigkeit verbessert und nahezu verdoppelt. Der Standard ermöglichte nun 30 bzw. 25,5 W am Energieverbraucher. Dementsprechend leistungsfähiger wurden auch die Stromverbraucher. Eine schnellere Datenübertragung gepaart mit höheren Spannungen kam wie gerufen für immer leistungsfähigere Endgeräte. Damit konnten bereits Videosysteme genutzt werden, Monitore und Tablets konnten vollständig betrieben werden.
Die Rahmenbedingungen von PoE
Die Anwendung 10GBASE-T definiert eine maximale Linklänge von 100 m. Damit wird der maximale Abstand zweier aktiver, miteinander verbundener Komponenten in einem Netzwerk bezeichnet.
Neben technischen Einflüssen auf die spezifizierte, maximale Länge hat physikalisch insbesondere die Dämpfung der Übertragungssignale Einfluss auf die Linklänge.
Die Dämpfung hängt ab von der Länge und dem Material der Leitung, auch die Bauform übt ihren Einfluss aus. Durch die kapazitive Kopplung der Adernpaare ist auch eine Abhängigkeit der Frequenz gegeben. Höhere Frequenzen, wie sie bei höheren Datenübertragungsraten erreicht werden, werden stärker gedämpft als niedrige Frequenzen.
Hinter dem Beitrag des Materials verbirgt sich der elektrische Widerstand der Übertragungs-Leitung. Hier kommt der Leitungsdurchmesser zum Tragen. Kleinere Durchmesser haben einen höheren Widerstand der Leitung zur Folge als größere Durchmesser. Da in der Netzwerktechnik kein Wechselstrom, sondern Gleichstrom eingesetzt wird, spricht man auch von Gleichstromwiederstand bzw. vom Gleichstrom-Leiterwiderstand. Temperaturen höher 20 °C haben einen negativen Einfluss auf die Leitfähigkeit von Kupfer. Das wird bereits bei der Planung der Gebäudeverkabelung berücksichtigt.
Die Leiterdurchmesser sollten passend gewählt werden. Die Leitertrassen sollten gut belüftet sein, dicke Kabelbündel, in denen Wärmenester entstehen können, müssen vermieden werden.
Sie haben den Erfolg in der Hand
Aktuelle, hochwertige Cat.7 Verlegekabel verwenden u. A. AWG23 Kupferleitungen (AWG, AMERICAN WIRE GAUGE). Der spezifische Widerstand dieser Leiterdurchmesser liegt bei 66,6 Ohm pro km bei 20° C, der Drahtdurchmesser liegt bei 0,575 mm. Die Temperaturabhängigkeit des Widerstands deutet bereits an, steigt die Temperatur zu sehr, kann der Widerstand so sehr ansteigen, dass die spezifizierte Übertragungsrate nicht mehr erreicht werden kann.
Das wirkt sich bei marktüblichen Patchkabeln noch schneller aus. Mit Durchmessern von 0,254 mm (AWG30) bis 0,404 mm (AWG26/7) steigt der Widerstand auf 135 bis 357 Ohm pro km bei 20° C, also auf deutlich mehr als das Doppelte an.
Betrachtet man nur die Länge der Patchkabel allein, scheint das keinen wesentlichen Unterschied zu machen.
Die Europäische Norm EN50173 hat allerdings den Blick auf die gesamte Übertragungsstrecke gerichtet. Sie spezifiziert für die Übertragungsklassen der Datenübertragung maximale Schleifen-Widerstände, was dem doppelten Betrag des Leitungswiderstands entspricht. Das absolute Maximum liegt bei 25 Ohm.
Auch die ISO/IEC 11801 (ISO, International Organization for Standardization; IEC, International Electrotechnical Commission) definiert maximale Schleifen-Widerstände, die auf den ersten Blick strenger erscheinen. Hier liegt das absolute Maximum bei 21 Ohm. Tatsächlich beziehen sich diese Spezifikationen jedoch nur auf den festen Link, also die Gebäudeverkabelung.
PoE in der Praxis
Ein Grenzfall aus der Praxis zeigt, wie wichtig die letzten Meter der Übertragungsstrecke sein können. Der gesamte Link muss betrachtet werden, wenn PoE erfolgreich integriert werden soll.
Während die Gebäudeverkabelung mit 75 m AWG23 schon recht lang bemessen ist, wächst der Schleifenwiderstand durch das verwendete AWG23 Kabel nur auf 10 Ohm an und bleibt damit weit unter der Spezifikationsgrenze von 21 Ohm.
Betrachtet man jedoch den gesamten Link, erhöht sich der Schleifenwiderstand durch 25 m AWG30 Kabel auf 27,8 Ohm und übertrifft den Grenzwert von 25 Ohm damit um mehr als 11 %.
Wird eine minderwertige Kabelqualität an entscheidender Stelle eingesetzt, kann sie die gesamte Konzeption des Netzwerks beeinträchtigen. Ein vollumfänglicher Einsatz von 4PPoE ist dann nicht mehr garantiert.
Dieses Problem kann auf mehr als eine Art gelöst werden.
- PoE-Extender können ein Netzwerk über die spezifizierte 100 m Linklänge erweitern. Sie werden zur Überbrückung großer Distanzen in Hotels, Einkaufzentren, Sportarenen und ähnlich großen Geschäftsanlagen eingesetzt.
- Auch eine Erweiterung des Basisnetzes ist grundsätzlich denkbar.
Doch oft sind so hochtechnische Einsatzmittel gar nicht notwendig. Im präsentierten Beispiel reicht ein hochwertiges Patchkabel aus, um die Widerstände im spezifizierten Rahmen zu halten.
Die Beurteilung bzw. Abnahme einer strukturierten Verkabelung sollte nach der Installation mit einem Zertifizierungsmessgerät der neuesten Generation erfolgen, welches ebenso die Eignung einer Fremdspeisung bei der Messung berücksichtigt und gewährleistet. Lesen Sie hierzu auch unseren Beitrag Fehlersuche in Kupfer-Verkabelungen.
Die Moral von der Geschicht
Jeder kann PoE nutzen, PoE ist extrem benutzerfreundlich.
Doch wer eine 4PPoE Gleichstromversorgung mit 90W erfolgreich neben hohen Datenübertragungsraten mit 10 Gbit/s oder mehr einsetzen möchte, rechnet die Leistung/Widerstände durch, vermeidet preiswerte Kabellösungen und greift zu hochwertigen Patchkabeln
Wer PoE in einem professionellen Netzwerk einsetzt und den störungsfreien Betrieb sicherstellen muss, misst den gesamten Link durch und nutzt die Messgeräte von ProfiPatch.